Ich habe gerade etwas gelesen, was ich sehr interessant fand. Es ging darum, wer in einer Gruppe die Stimmung vorgibt. Die Position eines Menschen (oder Hundes) in einer Gruppe könne man dadurch erkennen, wer in der Lage ist, die Stimmung in der Gruppe quasi zu leiten. Man kann jetzt natürlich sagen, dass ist Dominanzgeschwafel. Aber wir reden ja immer über Führung hier und Führung da und wir fragen uns ständig, was beeinhaltet eigentlich gute Führung und ich denke, da passt das Thema mit der Stimmung eigentlich gut rein.
Nehmen wir mal ein menschliches Beispiel. Es gibt Personen, die können die Stimmung in einer Gruppe enorm beeinflussen. Haben sie gute Laune, haben die anderen diese auch und die Party wird ein Knaller. Sind sie mies drauf, vermiest das allen anderen auch den Spaß. Es gibt andere, bei denen interessiert sich niemand so wirklich dafür, ob sie gerade fröhlich sind oder missmutig in der Ecke sitzen. Würde dieser Person etwas bedrohlich finden, werden die anderen vielleicht darüber lachen, aber sich nicht anstecken lassen. Die Fähigkeit, die Stimmung zu leiten, ist eine Fähigkeit von Führungspersonen.
In Firmen ist das ähnlich. Wenn die Führungskräfte (so sie denn echt Autorität besitzen) in einer Krise Nervosität zeigen, dann steckt das die halbe Belegschaft an und man zugucken, wie die Kündigungswellen anrollen.
Wir alle wissen natürlich, dass wir in Krisensituationen mit Hund ruhig bleiben sollen. Aber wie sieht es denn so im Alltagsleben aus? Sind wir da überhaupt in der Lage, unsere Stimmung auf den Hund zu übertragen oder ist es eher umgekehrt? Wie sehr hängt meine Stimmung von der Stimmung meines Hundes ab?
Wenn ich so zwei - drei Jahre zurück denke, dann stand und fiel meine Stimmung damit, wie Lotta sich auf dem Spaziergang benommen hat. War sie gut drauf, kam ich in Hochstimmung zurück und der Tag war gerettet. Hat sie sich schlecht benommen, war ich am Boden zerstört. War sie nervös, so wurde ich auch nervös, denn ich wußte, gleich knallt es aus irgend einem nichtigen Anlass. Lottagab die Stimmung vor, nicht ich und zwar nicht nur direkt in der Hundebegegnung sondern eigentlich immerzu.
Wenn sie heute mies drauf ist, dann kann ich das meist mit einem Schulterzucken abtun. Soll sie doch, ist mir egal. Wird es halt für sie ein kurzer, langweiliger Spazeirgang und wir gehen wieder nach Hause und ich kann was anderes machen, was ich bisher aus Zeitmangel nicht hinbekommen habe. Und in dem Rahmen, wie ihre Stimmung immer weniger Einfluss auf mich hat merke ich, wie mein Stimmung an Einfluss gewinnt. Ich weiß nicht, ob Lotta da ein Extremfall ist, denn ich finde oft, dass sie schon extrem sensibel auf Stimmungen reagiert.
Gestern zum Beispiel konnte ich mich nicht konzentrieren. Ich war abgelenkt und unaufmerksam. Lotta war genauso, hat nicht gehört, war bockig, wenn ich ihr nicht zugestehen wollte, eine Ewigkeit vor dem selben Mauseloch zu verbringen, etc. Heute hatte ich total gute Laune und obwohl Lotta mit der gleichen Bockerei anfing, war sie innerhalb von ein paar Minuten total fröhlich und munter unterwegs, kam von alleine nach, war abrufbar, alles paletti.
Aber das ist noch nicht alles, worum es in dem Kapitel ging. Hunde beobachten uns Menschen ja auch sehr gerne, das heißt, sie beobachten auch, wie wir uns in Gruppen verhalten. Wer ist z.B. in einer Familile in der Lage, die Stimmung zu beeinflussen? Bei Lotta ist mir z.B. schon mehrmals aufgefallen, dass sie (ich benutze jetzt mal das böse Wort) den Menschen, die eine Gruppe dominieren, von sich aus erstmal aus dem Weg geht. Nimmt sie Kontakt auf, so macht sie dies meist sehr höflich, indem sie Spielzeug bringt und sich auf ihre erlernten Rituale à la werfen-bringen-Zerrspiel verlässt. Einfach so mal hingehen und abschnüffeln, wie sie das sonst gerne macht, würde sie nicht. Darum sollte man sich mal überlegen, was für eine Position man in Gruppen mit anderen Menschen einnimmt. Bin ich der Typ, der die Stimmung lenken kann oder bin ich der, der deprimiert in der Ecke hockt, während um ihn herum die Party tobt?
Ich will damit jetzt bestimmt nicht sagen, dass der Hund versucht, den Menschen zu dominieren und ihm seine Stimmung aufzudrücken. Ganz bestimmt nicht. Aber: wenn der Mensch sich in seiner Stimmung nach dem Hund richtet, dann ist das für den Hund eine schwierige Situation, denn es schubst ihn in eine Position, die er gar nicht haben will.
Ich finde einfach, es ist etwas, was man, wenn man möchte, mal so an sich und seinem Hund beobachten kann. Wie beeinflusst mein Hund meine Stimmung und wie beeinflusse ich seine? Und zwar nicht mal unbedingt in den Pöbelsituationen sondern im ganz normalen Alltag. Beeile ich mich, wenn mein Hund drängelt? (passiert mir durchaus manchmal, dass ich beim Futter in den Napf schaufeln schneller werde, wenn Lotta schon anfängt, um mich herum zu tanzen). Kann ich meinen schelcht gelaunten Hund mit meiner Fröhlichkeit anstecken oder bekomme ich in einer solchen Situation eher selbst schelchte Laune?
Ich fand halt die Idee, die dahinter steckt, ganz interessant. Denn wenn ich mich stimmungsmäßig immer nach dem Hund richte, warum sollte es dann ausgerechnet in einer Gefahrensituation umgekehrt sein?