Ich dachte, ich fass noch mal zusammen, was ich im Laufe der Zeit mit Lotta so über Hundebegegnungen gelernt habe:
1. Damit eine Hundebegegnung klappt, muss folgende Voraussetzung erfüllt sein: entweder ich bin überzeugt dass es klappt oder es ist mir total egal. Ist beides nicht der Fall, dann wird es auch nicht klappen. Je mehr ich es will und je weniger Hoffnung ich habe, dass es klappt, desto geringer sind meine Chancen.
2. Der geordnete Rückzug. Wenn 1. nicht erfüllt ist, dann ist es besser, sich gar nicht auf eine Frontalbegegnung einzulassen, und zu hoffen, dass es schon irgendwie gut gehen wird. Da hilft nur der geordnete Rückzug. Dieser darf auf keinen Fall in eine kopflose Flucht ausarten. Es muß absolut beiläufig erfolgen und darf nicht den Eindruck erwecken, dass es irgend etwas mit dem Hund da vorne zu tun hätte.
Hierzu haben wir den geordneten Rückzug auf jedem Spaziegang immer wieder geübt. Kehrtwendungen, rückwärtslaufen, ausweichen, runter vom Weg, Leine kurz nehmen, alles was dazu gehört halt. Das haben wir mit viel Lob und Belohnung geübt, aber auch mit absoluter Konsequenz. Ein nicht-mitkommen gab es nicht. Wenn ich eine Kehrwendung mache, dann bitte ich Lotta nicht, mitzukommen, sie hat zu kommen. Sofort. (Was belohnt wird und mich natürlich ungemein freut und Lotta findet dieses Spiel sowieso klasse und macht es gerne) Wenn sie zu langsam ist und die Leine unter Spannung gerät, dann gibt es halt nichts. Kommt sie überhaupt nicht, weil sie gerade ein Mauseloch gefunden hat, zerre ich sie aber auch einfach mit, denn wenn ich eine Wende ankündige, dann wird die gemacht und nicht noch eine viertel Stunde was anderes betrieben.
3. Ich darf auf keinen Fall etwas besonderes aus anderen Hunden machen. Kein Hundestalking zu Übungszwecken. Lotta hatte ganz schnell raus, dass die Sichtung eines Hundes bedeutete, dass wir in die Richtung gehen. Seit ich das eingestellt habe und wir Hunde so mal von fern, mal von nah, aber in der Regel ohne Bezug zu uns sehen, haben sie auch für Lotta an Bedeutung verloren. Auch für mich haben Hunde uninteressant zu sein. Ich gucke sie nicht an (ganz schwer, wenn da gerade ein besonders hübsches Exemplar vorbei kommt), ich gucke den Halter nicht an, ich gucke die Lotta nicht an. Ausweichen ging nur, wenn ich es so erscheinen lassen konnte, dass ich sowieso da her gehen wollte. Erkannte Lotta mein Ausweichen als solches, machte es krawumm. Ich gebe eigentlich nie ein Signal, ich gebe ihr kein Leckerli (bzw. erst, wenn die ganze Situation vorbei ist) denn Hunde sind mir egal und darum gibt es auch keinen Grund, Lotta dafür zu belohnen. Ich belohne sie ja auch nicht, weil sie so toll an einem Baum vorbei gelaufen ist. Bäume sind mir genauso egal wie Hunde.
4. Inzwischen darf ich sie allerdings tatsächlich belohnen, wenn wir einen Hund sehen. Dabei belohne ich nicht, wie empfohlen, den Blick zum Hund (der Grund ist, dass Lotta nicht guckt sondern starrt) sondern das Abwenden vom Hund. Ob sie sich noch abwenden kann, ist immer ein Zeichen dafür, wie es innerlich bei ihr aussieht. Kann sie sich nicht mehr abwenden, dann sollte ich besser mit einem großen Zeternario rechnen. Hierzu muß ich immer mal wieder ein neues Umorientierungs-Signal aufbauen. Im Moment ist das ein leises Pfeifen, aber in allerspätestens einem halben Jahr kann ich mir wahrscheinlich was neues ausdenken, egal wie sehr ich aufpasse, es nur zu verwenden, wenn ich meine, es klappt. Bei Lotta nutzt sich sowas schnell ab. Aber sie hat auch in zwei - drei Tagen ein neues drauf, das dan wieder gut funktioniert, daher ist das nicht so tragisch und ich wechsel einfach.
5. Leinenführigkeit. Ich glaube, man kann's nicht genug betonen. Wenn Lotta schon anfängt zu ziehen, dann kann ich es gleich knicken. Zieht sie, dann wird sie auch bellen. Daher übe ich immerzu Leinenführigkeit und bei Fuß laufen. Es ist für uns eine Dauerbeschäftigung, da Lotta nicht viel davon hält. Es reicht auch nicht, wenn sie es für Leckerlis tut sondern sie muß es tun, weil ich es sage. Daher ist das auch eins der wenigen Dinge, die ich, wenn ich es denn verlangt habe, auch durchsetze. Lotta hat öfter mal Tage, da kann sie definitiv nicht vernünftig an der Leine laufen. Bei großer Anspannung geht das einfach nicht. Da kommt sie dann möglichst auch nur an die Schleppe und ich erwarte nicht, dass es klappt.
6. Erregungslevel. Bei Lotta ist es unheimlich wichtig, dass man den Erregungslevel dauerhaft unten hält. Ist sie oben, ist sie nicht mehr ansprechbar. Da irgend etwas von ihr zu wollen, ist utopisch. In solchen Momenten kann ich sie nur aus allem, was weiteren Stress bedeutet, rausnehmen, denn es hat vorne und hinten keinen Zweck, da irgend etwas zu versuchen. Ich verlange dann auch nichts von ihr, denn es wird nur immer schlimmer, je mehr ich mich mit ihr beschäftige. Da kann man nur ruhig und gleichmäßig vor sich hinlaufen, während sie an der Schleppe herum rast, und darauf warten, dass sie wieder runter kommt.
Ja, ich glaube, das war es schon fast bei uns. Alles andere, wie ablenken, beschäftigen, Desensibilisierung, Alternativverhalten aufbauen (es sei denn, man nimmt die Wende als Alternativverhalten), und und und hat uns irgendwie nicht weiter gebracht.