Kennt sich jemand ein bißchen damit aus? Ich sage ja immer, bestimmte Dinge macht Lotta zwanghaft. Jetzt habe ich mal ein bißchen über Zwangsstörungen beim Menschen nachgelesen und frage mich, ob das wohl bei Hunden genauso ist.
Bei Wikipedia steht z.B.:
„ Beim Versuch, die Handlungen zu unterlassen, treten massive innere Anspannung und Angst auf... Die meisten Betroffenen wissen, dass ihr Verhalten übertrieben und unvernünftig ist, und versuchen anfangs, Widerstand zu leisten, geben jedoch auf, wenn sie die Angst überfällt. Danach fühlen sie sich für gewöhnlich für eine kurze Zeitspanne weniger ängstlich. Abgesehen von dieser Spannungsreduktion empfinden die Betroffenen keine Freude am Ausführen der Handlung selbst."
Lotta führt ihre ständigen Wiederholungen von z.B. Spielzeug bringen - Spielzeug anfassen - Spielzeug mitnehmen - sich kurz hinlegen und auf Spielzeug herum kauen - Spielzeug wieder bringen ja auch oft auf, wenn sie unsicher ist. Aber auch, wenn sie sich langweilt. Auch macht sie das sehr viel, wenn es so an der Zeit ist, Futter zu verteilen oder (noch stärker) spazieren zu gehen, wenn sie also etwas will und nicht weiß, wie sie es bekommen soll. Manchmal kann ich sie anders beschäftigen, aber oft ist sie für nichts anderes zu haben.
Ich versuche, da nicht drauf einzugehen, aber es wird dadurch nicht weniger. Also das Prinzip, was keinen Erfolg bringt, wird der Hund irgendwann lassen, funktioniert hier null. Lotta kann locker mal eine dreiviertel Stunde neben der Couch stehen und das Dings anstarren, dass sie da neben mich gelegt hat. Sie quietsch, sie fiepst, sie guckt, sie fordert, sie hebt es kurz auf und legt es mir wieder hin, starrt weiter, etc. Wenn sie wirklich aufhören soll, muß ich sie auf ihren Platz schicken, was ich doof finde.
Wenn es nur Frust ist, den sie dabei empfindet, dass ich nicht mitmache, gut, damit muß sie leben. Aber das hier "treten massive innere Anspannung und Angst auf", das gibt mir zu denken. Zum Beispiel jetzt gerade wirkt Lotta regelrecht verzweifelt, weil ich ihr Quitschie nicht anfasse. Einerseits will ich dieses Verhalten nicht verstärken, aber andererseits frage ich mich, ist es das wert? Ablegen wird sie es sowieso nicht mehr und es ist jetzt nicht so, dass es total ausartet, so wie früher. Wenn ich sie gut beschäftige und auslaste, dann passiert es nur noch hin und wieder, meist so gegen 17:00 und dann nochmal so gegen 20:00 - 21:00.
Ich habe z.B. festgestellt, dass man Lottas Balljunkytum in gewissem Maße befriedigen muß oder sie hechelt jedem fußballspielenden Kind hinterher. Also dem Ball, nicht dem Kind. Das ist ja nicht ungefährlich. Aber wenn sie immer mal im Garten total unimpulskontrolliert ihrem Ball hinterher rennen darf, dann kann sie draußen Bälle ignorieren.
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Also ich gehe davon aus, dass das nicht wirklich eine Zwangshandlung ist, sondern ein noch relativ bewusstes Verhalten, Stress abzubauen z.b.
Wirkliche Zwangshandlungen gibt es nur ganz selten unter Einbeziehung Dritter, es sind fast immer Dinge, die derjenige sich selbst verschaffen kann. Und Lotta nimmt ganz offensichtlich Kontakt zu dir auf mit der Absicht, dass du dich auch damit beschäftigen sollst. Bei einer echten Zwangshandlung wie z.b. Schwanz jagen- hat Daisy manchmal unter Stress gemacht- ist das für den Hund nicht mehr wirklich beeinflussbar, er ist dann irgendwie in einer anderen Welt.
Kira konnte auch gegen Essens- oder Spazierzeit relativ unleidlich werden. Aber wenn man eine ganze Weile da wirklich garnicht drauf einsteigt, wird es besser. Man muss allerdings- und das hast du ja schon selber festgestellt- dieses Bedürfnis zu anderer Zeit auch wirklich erfüllen. D.h. wenn sie zu einer bestimmten Zeit anfängt, mit Spielies herumzuwurschteln, dann wird es nicht aufhören, wenn du mal drauf einsteigst und mal nicht. Weil sie dann die Erfahrung macht: ich muss nur lange genug Frauchen animieren, dann klappt das schon. Intermittierende Verstärkung ist was ganz schön Wirksames.
Wenn du also wirklich möchstest, dass sie damit aufhört, dann steig nicht mehr drauf ein. Belohne ruhiges Verhalten. Legt sie sich dann auf ihren Platz und schließt die Augen, fängt an zu dösen, dann kannst du sie ja nach einiger Zeit rufen und mit ihr das machen, was sie eigentlich wollte. Bei Kira fordere ich bei sowas ganz oft erst einmal Ruhe ein, freiwillige Ruhe. Kommt die nicht, tja dann wird halt erst beim nächsten Punkt, wo ich das wollte, gespielt.
Ich glaub nicht, dass Lotta darunter leiden wird und auch nicht, dass sie da eine Zwangsstörung hat. Es hat halt einfach oft genug funktioniert.
Bällchen spielen mit einem Balljunkie würd ich schon, aber kontrolliert halt. Und nicht zu oft und nicht zu lange. So, dass das Bedürfnis schon befriedigt wird, sich aber nicht hochschaukeln kann. Das ist ein ziemlich sensibler Prozess, aber der ist mit anderen SAchen ähnlich. Bei Kira z.b. ist es schnüffeln. Ich muss und will sie schnüffeln lassen, das ist für sie ein Bedürfnis und wichtig. Aber sie kann sich da recht heftig reinsteigern, also wird es begrenzt, immer in Verbindung mit Ruhe auch angeboten und sobald man bei dem ganzen von halbwegs ruhig nicht mehr reden kann, abgebrochen.
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Schwanz beißen hat Lotta auch gemacht, als ich sie bekam.
100% lassen geht nicht, denn Peter ist ja auch noch da und er bekommt das nicht hin. Keine Chance. Aber ich finde immer noch, dass es bei Lotta was extremes hat. Was sehr extremes.
Zitat
Ich glaub nicht, ..., dass sie da eine Zwangsstörung hat
Du hast Lotta noch nicht bei Wasser gesehen. Das ist definitiv zwanghaft. Man hat auch keine Chance mehr, an sie ranzukommen, sie ist total weggetreten. Das hat mit normal nicht mal mehr ansatzweise was zu tun.
Aber kann ja auch sein, dass es das bei Hunden gar nicht in dieser Form gibt. Es war halt nur so eine Überlegung, dass sie vielleicht, wenn sie unter Stress steht (warum auch immer) es besser ist, sie reagiert sich halt irgendwie ab, als dass ich sie auf ihren Platz schicke und verlange, dass sie still ist.
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Ich denk schon, dass es das bei Hunden gibt, aber ich schließe Verhalten, das an Dritte adressiert ist, dabei aus. Hunde, die an sich herumnagen, Schwanz jagen (gut, dass Lotta das überstande hat usw.)... Zwang richtet sich aber m.E. bei Vierbeinern auf ein konkretes Verhalten. Solange das Verhalten adressiert ist, würde ich sagen, dass es sagen wir mal systemisch beeinflusst werden kann, in dem der Adressierte seinen Teil der Sache einfach nicht annimmt. Klar wird sie das vorerst stressen, aber ich denke nicht, dass sie in dem Fall leidet wie bei Wikipedia beschrieben.
Was ich schon glaube, ist dass es für sie zunächst Stress sein wird, das zu unterlassen. Aber das wird sich- im Gegensatz zu einer echten Zwangserkrankung- mit der Zeit geben. Bei Lotta und Wasser, das scheint schon ein relativ extremes Verhalten zu sein, aber sie ist ja scheinbar in der Lage, eine Einschätzung durchzuführen, ob ihr sie wohl hin lassen würdet zum Beispiel. Das hat für mich mehr etwas in Richtung Trieb oder so... also ähnlich wie beim Hund mit Jagdtrieb, wo das Gehirn auch ausschalten kann, wenn er einen Hasen sieht. DAs hat aber mit Zwang nix zu tun. Lotta liebt einfach Wasser wie dolle und verrückt. Es ist nicht Mittel zum Zweck. Verstehst du den Unterschied?
Eine Zwangserkrankung (beim Menschen) ist ja oft ein Verhalten, was einfach dazu dient, etwas tiefer liegendes eben zu überdecken und abzureagieren in einem bestimmten Maß, daher auch u.U. die Angst, wenn das Verhalten nicht durchgeführt werden kann.
Du könntest Lotta in solch einer Situation ein Alternativangebot machen, sie könnte z.b. ihren Stress durch nagen und kauen abreagieren. Aber ich glaube ehrlich, dass sie- wenn sie einige Zeit keinen Erfolg hatte mit quängeln- garnicht erst in den Stress gerät. Ist jedenfalls meine Erfahrung mit dem Fiepsdings hier.
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Hey,
also ich würde auch sagen, dass Lotta keine Zwangshandlungen zeigt mit deinem beschriebenen Beispiel.
Sie gibt einfach nicht auf...weil sie die Erfahrung gemacht hat, dass es irgendwann mal doch so läuft, wie sie es gerne möchte.
Zwangshandlungen sind wirklich dazu da, SICH selber ein gutes Gefühl zu verursachen.
Zwangshandlungen werden gezeigt, weil der Hund gelernt hat sich dadurch ein gutes Gefühl zu verursachen, es werden bei Stereotypien Glückshormone freigesetzt, die eben angenehm sind und somit dieses Verhalten aufrechterhalten.
Zwangshandlungen lassen sich nur schwer unterbrechen.
Lotta und Wasser....kann ich jetzt so nicht einschätzen. Aber dein Beispiel vom Ballfixieren bis jemand damit mit ihr was anfängt...das ist kein Zwangsverhalten.
Sicher nicht!
Lieben Gruß
Jutta
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Mal 'ne andere Frage, was würde passieren, wenn du alles Spielzeug wegschließt? Bei uns gibt's z.B. Spielzeug nur draußen. Sind wir zurück, kommt's in eine verschließbare Kunststoffbox. Basta.
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Danke für den Link, Barbara.
Zitat von Stef
Mal 'ne andere Frage, was würde passieren, wenn du alles Spielzeug wegschließt? Bei uns gibt's z.B. Spielzeug nur draußen. Sind wir zurück, kommt's in eine verschließbare Kunststoffbox. Basta.
Ja, das könnte ich natürlich machen. Aber Lotta spielt auch alleine mit ihrem Spielzeug, was ich ganz praktisch finde, wenn sie sich selbst beschäftigen kann. Ich möchte Spielzeug auch nicht zu rar und wichtig machen, weil sie ja so ein Ressourcenverteidiger ist. Daher ist es z.B. eine wichtige Übung für uns, wenn sie mit Spielzeug im Maul durch's Haus läuft, dass ich ihr so nebenbei sage, sie soll mir das mal kurz geben und dann bekommt sie es sofort zurück. Was natürlich genau das Spiel ist, dass sie inzwischen auch selbst einfordert. Aber früher hat sie Spielzeug überhaupt nicht hergegeben. Sie hat's einem Hingehalten, aber das Maul nicht aufgemacht. Bei uns gibt sie inzwischen her, aber Besuchern macht sie das immer noch so.
Wenn andere Hunde kommen, wird natürlich alles Spielzeug weggeräumt.
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Ich kann Dir keinen wirklichen Rat geben, da ich mich mit sowas überhaupt nicht auskenne.
Wenn Lotta diese Handlungen ja hauptsächlich zu diesen Zeiten ausführt, wo normalerweise was läuft bei euch (Futter, Spaziergang), dann scheint es doch eher forderndes und nicht zwanghaftes Verhalten zu sein.
Wikipedia meint: "Abgesehen von dieser Spannungsreduktion empfinden die Betroffenen keine Freude am Ausführen der Handlung selbst." Und Lotta scheint ja auch Stress zu empfinden, bei diesen Handlungen. Warum findest Du es doof, sie auf ihren Platz zu schicken, wenn Du ihr damit vielleicht den Stress ersparen könntest? Manche Hunde muss man zu ihrem Glück zwingen. Kaya würde mir wahrscheinlich noch immer auf Schritt und Tritt folgen, hätte ich sie nicht immer öfters mal "deponiert". Jetzt muss ich das nicht mehr (nur ganz selten) machen, sie legt sich von selbst hin. Sie ist dadurch zuhause ruhiger geworden, wirklich. Und ich glaube nicht, dass sie das blöd findet, sie macht jedenfalls einen ganz zufriedenen Eindruck.
Zitat von Nina
Aber wenn sie immer mal im Garten total unimpulskontrolliert ihrem Ball hinterher rennen darf, dann kann sie draußen Bälle ignorieren.
Wir sind ja Impulskontroll-Freaks. Seit wir das machen, darf Kaya nicht mehr ohne mein Signal hetzen. Aber als Belohnung lässt sich das "unkontrollierte" Hetzen dafür super einsetzen. Unter anderem weil es für sie noch wertvoller geworden ist, schliesslich haben wir das Gehetze drastisch reduziert. Du könntest ja das unkontrollierte Hinterherrennen auch als Belohnung gebrauchen und ihr ihre tägliche Junky-Ration so ermöglichen.
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Vielleicht habe ich das Beispiel schlecht gewählt. Lotta macht das Spielzeug bringen nicht nur, wenn sie was will, sondern auch, wenn sie unsicher ist. Im Umgang mit Fremden zum Beispiel macht sie es permanent. Sie hört nur auf, wenn ich sie auf ihren Platz schicke. Dort kommt sie aber nicht runter sondern ist total angespannt. Ich habe schon den Eindruck, dass sie sich in diesen Situationen an solche ritualisierten Verhaltensweisen klammert, weil sie in solchen Situationen irgendwas tun muß, um die Anspannung zu reduzieren und dann klammert sie sich halt an solche Abläufe.
Bei Wasser finde ich es nach wie vor ganz extem. Das hat wirklich nix mehr mit Spaß zu tun. Ich habe mal versucht, sie so lange schwimmen zu lassen, wie sie will. Ich habe am Ende einen total erschöpften Hund aus dem Wasser gezogen. Sie wirkte richtig erleichtert, dass es vorbei war, aber sie konnte von selbst nicht aufhören. Sobald sie an Land war, ist sie wieder rein gesprungen. Ein paar Leute hier haben Lotta auch schon beim Schwimmen erlebt. Für mich hat das was krankhaftes. Sie muß dann z.B. auch unbedingt was haben, was sie an Land schleppen kann. Wenn sie keinen Ast findet, nimme sie halt die Schleppe und trägt die an Land. (ohne Leine schwimmen lassen geht nicht, ich bekomme sie nicht wieder raus). Dann springt sie wieder rein und sucht das nächste Stöckchen. Und so geht das ununterbrochen.
Ein Hund, der einfach nur Spaß an etwas hat, ist letzendlich in der Lage, es auch zu lassen, wenn der Spaß nicht mehr da ist. Wenn Lotta Wild sichtet, dann strahlt sie über's ganze Gesicht. Das macht sie glücklich. Bei Wasser dagegen dreht sie einfach nur am Rad.
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Zitat von Nina
Vielleicht habe ich das Beispiel schlecht gewählt. Lotta macht das Spielzeug bringen nicht nur, wenn sie was will, sondern auch, wenn sie unsicher ist. Im Umgang mit Fremden zum Beispiel macht sie es permanent. Sie hört nur auf, wenn ich sie auf ihren Platz schicke. Dort kommt sie aber nicht runter sondern ist total angespannt. Ich habe schon den Eindruck, dass sie sich in diesen Situationen an solche ritualisierten Verhaltensweisen klammert, weil sie in solchen Situationen irgendwas tun muß, um die Anspannung zu reduzieren und dann klammert sie sich halt an solche Abläufe.
Na das macht Kira auch, wenn ich nach Hause komme, dann kanalisiert sie ihre Erregung darin, dass sie Dinge herumträgt usw. Das ist aber nichts weiter als eine Übersprungshandlung und hat mit einer Zwangserkrankung nix zu tun. Jemand, der unter einer Zwangserkrankung leidet, braucht keine Erregung oder Stress, um irgendwas kanalisieren zu müssen, der Zwang diese Dinge zu tun ist quasi IMMER vorhanden. Das ist ganz was anderes als ein punktueller Stressabbau. So gesehen hätte dann die halbe Menschheit eine Zwangserkrankung, denn wohl jeder hat irgendwas, in das er Spannung kanalisiert, ob das nun Schokolade essen oder Fingernägel kauen, mit dem Fuß scharren oder ähnliches ist. Das hat aber wie gesagt mit einer Zwangserkrankung nix zu tun.
Was das Wasser betrifft, kann ich nix zu sagen, hab Lotta ja noch nie erlebt, aber wenn es ein Zwang wäre, dann würde das heißen, das Wasser wäre nur Mittel zum Zweck. Zu welchem Zweck? Oder ist es keiner und kann Lotta einfach nicht aufhören, wenn ihr was gefällt?
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