„Das muss er können“ ist ein Satz, der mich in der Zeit mit Mio steht’s begleitet. „Das muss er können“ hörte ich von Tierärzten, Hundetrainern, und Menschen, die gerne das ein oder das andere wären.
Muss ich, wenn ich Höhenangst habe vom 10 Meter-Turm springen, weil mein engster Freund das von mir erwartet? Was würde ich über diesen Menschen denken, wenn er mich runter schupsen würde, einfach so, ohne Vorwarnung, ohne Achtung vor meinen Gefühlen da meine Angst ja eigentlich unbegründet ist?
Würde ich ihm danach dankend in die Arme fallen? Wäre mein Vertrauen in die Person bestärkt? Würde ich mit ihm jemals wieder den 10-Meter-Turm besteigen?
Jeder, der einen gesunden Menschenverstand hat, würde das wohl nicht mehr tun.
Hätte ich tatsächlich einen Freund, der meine Ängste (auch wenn sie ihm völlig absurd erscheinen) ernst nimmt, würde er mit mir gar nicht erst auf den 10-Meter-Turm gehen.
Er würde mit mir zum Beckenrand gehen und mit mir gemeinsam springen. Er würde zum Ein-Meter-Turm gehen und wir würden in allen Varianten von diesem Turm springen, bis wir ein riesen Spaß hätten. Mit der Zeit würden wir uns immer weiter vortasten und evtl. mit viel Zeit, Geduld und ohne Erwartungen wäre ich vermutlich mutig genug, zu springen. Und zu vertrauen.
Wie oft bringen wir unsere Hunde in Situationen die für sie die Hölle bedeuten. Wir schupsen sie vom 10 Meter-Turm im Glauben nur das Beste für sie zu wollen. Doch wollen wir wirklich das Beste für sie? Oder nur für uns? Wollen wir einen Hund, der sich fügt, in der Hoffung, danach ist alles vorbei, oder wollen wir einen Hund, der sich freiwillig dafür entscheidet, dass das was wir tun, gut für ihn ist, da er uns vertraut?
Ich habe das Glück, einen Hund an meiner Seite zu haben, der Widerstand leistet und mich somit lehrt, ihn zu achten.
Jetzt kommt natürlich wieder die Frage: „Hat ein Hund einen guten Rudelführer, dann muss er ihm auch vertrauen, oder nicht?“.
Die Gegenfrage ist doch: Was bedeutet Vertrauen? Und wie erreiche ich das?
Vertrauen bedeutet, eine Alternative zu haben, was Vertrauen von Hoffnung unterscheidet. Vertrauen verlangt Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Authentizität.
„Das muss er können“ setzt uns unter Druck. Und unter Druck fehlt uns meist das Gefühl für unseren Gegenüber. Tut der Hund nicht, was er eigentlich können müsste, dann beginnen wir evtl. wütend zu werden, sind verletzt und enttäuscht. Wir versuchen zu erzwingen, dass unser Hund die in die Norm passt und machen Dinge mit ihm, die wir unserem besten Freund bei klarem Verstand nie antun würden. Wir beginnen Vertrauen zu zerstören. Doch der erste Grundstein im Hundetraining ist das Vertrauen.
Wenn Euch das nächste Mal jemand sagt: „Das muss er können“, dann lächelt und vertraut Eurem Herzen. Denn, er wird es können, irgendwann, wenn Ihr das erreicht habt, was anderen für immer verborgen bleibt „einen vierbeinigen Freund zu haben, der Euch blind vertraut.“