Zitat von Eva im Beitrag #1
Warum ein Tierheimhund?
Bei Otto hat sich's einfach so ergeben. Irgendwie konnten mein Mann und ich nicht so mit den Züchtern, die wir besucht haben, ich war sowieso nicht sicher, ob ich mir im Büro einen Welpen zutraue, ich hätte nicht mal gewusst, wo so ein Zwerg erlaubterweise schnell mal Lacki machen kann... Und so war Otto aus dem Tierheim einfach nur "schneller" da.
Bei Pico war es eine bewusste Entscheidung, NUR einen Hund aus dem örtlichen Tierheim dazuzunehmen, aus dem wir auch Otto schon hatten. Einfach weil diese Hunde oft vergessen werden; weil sie zu "nahe" sind, weil das Tierheim zu nahe ist und man auch weiß, was dort falsch läuft, weil Vorurteile schneller zur Hand sind. Weil diese Hunde nicht so "arm" sind wie Hunde aus Tötungsstationen oder sonstige Notfälle, die durchs Internet gejagt werden. Sie haben aber auch eine Familie verdient. Außerdem war es sehr praktisch, die Kandidaten mit dem Haus- und Hofwächter Otto vor Ort "testen" zu können. Anders hätte ich mir einen zweiten Hund nicht zugetraut.
Zitat von Eva im Beitrag #1
Wonach habt ihr ausgesucht?
Ich wollte auf keinen Fall wieder einen Schäferhund oder einen sonstigen "gefährlichen" Hund; das war mein Hauptkriterium. Nach 25 Jahren hatte ich das zunehmende Getue und die Hysterie einfach satt. Obwohl meine Schäfer niemanden belästigt haben und ausnehmend freundlich und friedlich waren, war ihr bloßer Anblick zunehmend ein Ärgernis für Menschen, die alle in ihrer Kindheit von Schäfern gebissen wurden oder Hunde hatten, die von Schäfern gebissen wurden. Ich wollte also einen mittelgroßen, nett aussehenden Hund, dessen Anblick nicht schon Angst und Schrecken verbreitet. ...
Otto hab' ich nicht ausgesucht. Den hab ich mir
verdient! Bei Pico war wichtig, dass es mit Otto klappt und Otto idelaerweise sogar davon profitiert. Ursprünglich sollte es also ein Hund werden, den Otto ernst nimmt und von dem er sich vielleicht was abschauen kann. Tja, und dann ist es Pico geworden, der kleine Wahnsinnige, den Otto überhaupt nicht ernst nimmt.
Irgendwie haben
wir gar nicht wirklich ausgesucht, das waren Otto und Pico, die uns ausgesucht haben.
Zitat von Eva im Beitrag #1
Was wusstet ihr über den Hund?
Über Otto wussten wir, dass er absolut unverträglich mit Artgenossen ist, dass er nicht alleine bleiben kann, dass er mit Menschen absolut keine Probleme hat, im Gegenteil sogar ein idealer, erfahrener Stadthund ist, der jeden Tag mit dem Bus mit Frauchen zur Arbeit fuhr, und seinen Platz durch Scheidung verloren hat. Schon beim ersten Spaziergang mit ihm wusste ich, dass irgendwas nicht stimmt; ich wusste nur noch nicht was. Dass NICHTS stimmt, konnte ich noch nicht ahnen.
Von Pico wussten wir, dass er nie von der Leine durfte, seine "Terrier-Triebe" aus Langeweile an einem fremden Hosenbein ausließ und ins Tierheim kam, weil der ursprünglich so süße Kleine sich als "richtiger Hund" entpuppte und zum Kinderspielzeug nicht mehr taugte.
Zitat von Eva im Beitrag #1
Wie sah das Kennenlernen aus?
In beiden Fällen: Chaotisch. Unvernünftig. Ein Graus für alle verantwortungsvollen Hundehalter und für alle Trainer.
Otto stand im strömenden Regen auf dem Dach der Hütte im Gehege und interessierte sich für nichts, nicht mal für den Regen, vor dem alle anderen Hunde wenigstens irgendwie Schutz suchten. Er bellte nicht mit den anderen Hunden, er ignorierte die Hündin, die mit ihm im Gehege war und die die einzige war, mit der es in einem Gehege wenigstens ohne Trara funktionierte, er lief nicht mit der Hündin zu meinem Mann, kam erst langsam dahergeschlendert, er wollte stolz sein und war nur erbärmlich ... nicht da irgendwie. Aber immerhin: Er kam, schnappte die Hündin kurzerhand zur Seite ... um dann aber sofort wieder abzudrehen... Er war dreckig und offensichtlich länger nicht gebürstet, büschelweise stand ihm die Unterwolle ab. Das hätte mir zu denken geben müssen, die anderen Hunde sahen nämlich durchaus gepflegt aus.
Die anderen Hunde, die in die engere Wahl kamen, waren schon reserviert oder vergeben. Otto war meine letzte Wahl. Und wir gingen halt wenigstens mit ihm spazieren ... Konnte ich wissen, dass mein Mann schon längst verliebt war? Und dass der Ignorant sich beim zweiten Spaziergang suchend nach mir umsehen würde? Und dass mein Mann nach dem dritten Spaziergang Otto wollte oder keinen? Und dass ich mit Bauchweh halt einfach nur nachgegeben würde?
Pico habe ich bei mehreren Besuchen im Tierheim schlicht nicht wahrgenommen. Aber unsere Freundin wollte ihn kennenlernen, wir hatten noch ein bisschen Zeit, er kam ins Spielgehege und nach 1 Minute war die Sache für mich klar: Den nehm' ich mit. Jetzt. sofort. Ohne Diskussion. Und dann sagte der Tierheimmitarbeiter noch: "Irgendwann werdet ihr ausprobieren müssen, wie Otto einen anderen Hund in seinem Haus aufnimmt. Pico ist ideal. Den könnt ihr am Montag wiederbringen, wenn es nicht klappt, und er feut sich auf seine Kumpels im Gehege. Der kriegt nicht die Krise deswegen." Nach 30 Minuten war der Pflegevertrag unterschrieben. Und den Rest kennt ihr ja.
Zitat von Eva im Beitrag #1
Wie hat sich der Hund zu Hause verändert?
Wann war er wirklich angekommen?
Wirklich verändert haben sich weder Otto noch Pico. Sie sind beide immer noch so, wie ich sie kennengelernt habe. Sie haben sich entwickelt, sie haben dazugelernt, das gegenseitige Vertrauen ist gewachsen. Aber charakterlich sind beide immer noch genau die Hunde, die ich ursprünglich kennengelernt habe.
Wann sind sie angekommen? ... nach ungefähr einem Jahr, würde ich sagen. Sowohl Otto als auch Pico.
Wobei ich jetzt gar nicht definieren könnte, was "ankommen" für mich bedeutet. ... Köfferchen auspacken? Nein. Ich bin sicher, dass beide immer noch das eine oder andere Geheimnis haben. Vertrauen? Ja, damit hat es für mich eher zu tun. Und Vertrauen ist was gegenseitiges ... kann also sein, dass
ich ein Jahr gebraucht habe, sie ankommen zu lassen.
Zitat von Eva im Beitrag #1
Womit hat er euch überrascht?
Otto hat mich damit überrascht, dass er unbeteiligt an der Straße stand, während riesige Lastwagen direkt an seiner Nase vorbei fuhren. SO hatte ich mir Stadttauglichkeit nicht vorstellen können. ... Dafür hat er mich zwei Wochen später damit überrascht, dass er ansatzos, grundlos und ohne Vorwarnung eine Familie aufgemischt hat. ... In Wahrheit hat er mich also damit überrascht, dass ich trotz meiner Hunde"erfahrung" ein naiver Trottel war und nicht erkannt habe, dass Otto die Realität nur ausblendete, weil er keine andere Wahl hatte...
Pico hat mich mit nichts überrascht. Pico ist einfach nur nett und unkompliziert. Und seine schlechten Manieren sind einfach nur schlechte Manieren und haben keine tiefsinnigere Bedeutung.
Zitat von Eva im Beitrag #1
Fazit?
Ich will keine anderen Hunde haben als Otto und Pico!
Und ich werde wahrscheinlich auch in Zukunft (also frühestens in 30 Jahren
) ins Tierheim gehen und darauf warten, dass mir mein Hund zufällig in die Arme läuft.